Module Jagdhilfstiere - Beizen und Frettieren und Brauchtum

Michael Gallasch ehem. Berufsfalkner und Matthias Roscher, konnten wir wieder für dieses Doppel-Modul gewinnen und das Seminar in Jagdschule Roscher in Gammelshausen durchführen.

  • Referent Michael Gallasch

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Es fanden sich wiederum 20 Teilnehmer ein, denen zunächst Michael Gallasch die Grundzüge der Jagd mit dem Greifvogel und dem Frettchen erklärte. Einen Falkner Kurs konnte dieses 4 stündige Seminar nicht ersetzen aber wir erhielten doch einen guten Einblick über die Haltung und Pflege dieser Jagdhelfer.

Frettchen finden nur ihren Einsatz wo es Kaninchen gibt denn die Jagd auf Kaninchen ist die einzige Jagdart wo das Frettieren Sinn macht. Diese Jagdart kann mit brauchbaren Hunden oder auch mit dem Beizvogel kombiniert werden; ansonsten finden schlanke, runde reusenartige Drahtgitterfallen Einsatz, die in die Röhren des Kaninchenbaus eingeschoben werden. Hierzu muss man den Bau aber genau kennen um auch alle Röhren entweder mit einer Falle zu bestücken oder auch als Jäger und Falkner im Blick zu haben. Die Jagdhilfstiere müssen sich aber gut kennen da es sonst auch zu ungewollten Zwischenfällen kommen kann.

Es mache keinen Sinn, so Michael Gallasch, einen Kaninchenbau jede Woche zu bejagen; zwei- oder dreimal im Jahr verspricht das beste Jagdergebnis. Disziplin sei bei den Jagenden gefragt, da die Kaninchen schnell erkennen wenn man auf ihren Bauten herumtrampelt. Wichtig ist aber auch, die richtige Tageszeit zu wählen, da die Kaninchen auch im Bau sein müssen soll die Jagd erfolgreich sein.

Das Frettchen, ein zahmer Iltis, kann man sowohl in der Wohnung halten, was aber nicht jedermanns Sache ist oder auch ganzjährig draußen an einem geschützten Platz. Frettchen brauchen Bewegung und Unterhaltung; mehrstöckige mit Röhren oder Kletterhilfe verbundene Käfige sind ideal mit Schlafplätzen, die so groß sind, dass das Frettchen diesen Raum mit der Körperwärme wärmen kann. Mehrere Frettchen sind für die Haltung besser wobei die Anzahl der weiblichen Tiere immer höher sein muss als die der männlichen Frettchen.

Bevor es zur Frettchenjagd geht muss man sich einen Eindruck von der Bereitschaft der Frettchen zum Jagen verschaffen; das Frettchen muss jagen wollen sonst es sinnlos oder man wartet Stunden bis das Frettchen im Kaninchenbau ausgeschlafen hat und wieder ans Tageslicht kommt. Ist das Frettchen aber lebhaft und voller Jagddrang kann es losgehen und man setzt das oder die Frettchen am Kaninchenbau an. Wichtig dabei ist, dass alle Röhren eines Kaninchenbaus entweder mit einer Reuse verschlossen sind oder von Jägern mit der Flinte auch in Kombination mit dem Beizvogel abgestellt sind; kein Kaninchen sollte entwischen können.

Dieser Punkt war dann für Michael Gallasch auch das Stichwort zur Beizjagd und den Beizvögeln zu wechseln. Michael Gallasch machte den Anwesenden klar, dass er in zwei Stunden das Thema der Beizjagd nur ganz oberflächlich behandeln kann und empfahl Interessierten einen Falknerkurs wobei man in Baden-Württemberg immer noch keine Falknerprüfung ablegen kann.

Die heutige Bedeutung der Falknerei, die Anforderungen an den Falkner und der Einsatz der Greifvögel im Wildtiermanagement bildeten den Auftakt für diesen Seminarteil. Beizjagd als spezieller Zweck des Arten- und Naturschutzes sowie als schonende, selektive Jagdform haben die ureinst nur auf Nahrungsgewinnung oder später als höfische Jagd abgelöst. Die Kunst der Beizjagd hat sich  als Jagdform von hohem ästhetischen Reiz erhalten. Zweifellos ist die Beizjagd eine der schonendsten und selektivsten Formen der Jagdausübung. Zudem können die Greife auf Flächen eingesetzt werden, auf denen die Jagd mit der Schusswaffe nicht möglich ist. Die falknerische Jagd kann hier Mittel und Hilfe sein, ihre Möglichkeiten sind jedoch begrenzt.

Wildtierpopulationen mit hoher Zuwachsrate, z.B. Tauben, könnten in den meisten Fällen mit dem Beizvogel nicht mehr reguliert werden, da die Zuwachsrate bereits die möglichen Streckenzahlen übersteigt, so Michael Gallasch. Sinn und Zweck des Greifvogeleinsatzes ist daher in erster Linie eine Vergrämung auf klar umrissenen Flächen.

Greifvögel seien hochspezialisierte Prädatoren. Entsprechend müsse der Falkner die Wahl seines Vogels in Bezug auf das Wildangebot treffen. Entscheidend für die Eignung des Vogels sind inkrementell sein natürliches Beutespektrum, seine Größe und seine Jagdtaktik.

Man unterscheide Kurzstreckenjäger und Kurzschwingengreife (Habicht, Sperber, Rotschwanzbussard) für die Jagd auf Schrotschussentfernung wie beispielsweise beim Frettieren und Langstreckenjäger (Wanderfalke, Sakerfalke, Gerfalke) mit deutlich längeren  Jagdstrecken. Aufgrund ihrer Jagdtaktik eignen sich Falken fast ausschließlich zur Bejagung von Federwild.

Im Folgenden stellte Michael Gallasch  den Wüstenbussard (Harris Hawk), den Steinadler vor.

Der Beizvogel sei in unserer industriellen Gesellschaft noch nicht angekommen und erkenne die Gefahren ausgehend aus Autoverkehr, Schienen- und Luftfahrzeugen, aber auch Windkraftanlagen nicht. Festzustellen sei aber, dass Vögel, die regelmäßig in Gefahrenbereichen geflogen werden, sich adaptieren und lernen, gefährliche Situationen zu erkennen. Dennoch können Unfälle nie ausgeschlossen werden. Daher ist es essenziell wichtig, eine Jagdhaftpflichtversicherung abzuschließen, in der Beizvögel explizit versichert sind! Hier gilt es das Kleingedruckte zu lesen!

Die meisten Beizvögel lassen ihr Leben aber  aufgrund inkompetenten Verhaltens ihres Schutzbeauftragten also aus Unverständigkeit des Falkners. Die 3 häufigsten Fehler, die auf das Verschulden des Falkners zurückzuführen sind und die zum Verlust eines Vogels führen seinen: der Vogel fliegt außerhalb des Einwirkungsbereiches des Falkners (er verstößt sich) wofür schlechtes Wetter oder falsche Konditionierung des Vogels ursächlich seien, Gefahren durch unsachgemäße Haltungseinrichtungen und nicht zuletzt die Gefahren durch Krankheiten.

Im weiteren ging Michael Gallasch auf den Einsatz der Beizjagd im urbanen Bereiche ein (Michael Gallasch leitet auch das entsprechende Modul in der Stadtjäger Ausbildung) und auf die Versorgung  verletzt aufgefundener oder als verletzt gemeldeter Tiere. Die Priorität läge im schnellen fang, um den Vogel vor weiteren Gefahren zu bewahren. Zum Fang verletzter Vögel hätten sich besonders leichte Decken und Tuchstoffe bewährt. Vorsicht vor den Waffen der Greifvögel! Auch der Selbstschutz im Bereich des Straßen- (Autobahnen sind tabu) und Schienenverkehrs ist zu beachten wobei beim Betreten von Gleisanlagen besondere Gesetze gelten.

Die Beurteilung des Gesundheitszustandes hat von einer sachkundigen Person zu erfolgen. Bei offenen Brüchen oder anderen schweren Verletzungen, die dem Vogel Leid bereiten und keine Aussicht auf Heilung bieten, sei das Tier zu erlösen. Verletzte Beizvögel können vom Falkner erstversorgt werden. Schwer verletzte Vögel sind jedoch stets dem kompetenten Veterinärmediziner vorzustellen. Ohne entsprechende Qualifikation seien die Greifvögelauffangstationen der erste Anlaufpunkt.

Haltung und Pflege seien die essenziellen Gesichtspunkte, mit denen die Falknerei steht oder fällt. Jeder, der den Wunsch hegt, sich einen Beizvogel aufzustellen, müsse sich im Vorfeld mit der Frage auseinander setzen, „ist es mir möglich, eine adäquate Haltung zu gewährleisten?"

Greifvögel sind reine Carnivoren. Damit käme für die Atzung nur fleischliche Nahrung in Betracht. Als sehr gut geeignet haben sich Eintagsküken erwiesen, deren Verfügbarkeit der Gesetzgeben aber durch die Früherkennung männlicher Küken und durch die Bruderhahn-Initiative stark eingeschränkt hat.

Die Atzungsmenge, die Gewichtskontrolle und deren Dokumentation sind äußerst wichtig. Ein hungernder Vogel wird niemals die notwendige Leistung an den Tag legen, die notwendig ist, um erfolgreich zu sein. Dennoch ist es selbstverständlich die Intention des Beutegriffs, die den Vogel zum Jagdflug bewegt. Hierfür besteht ein ideales Verhältnis zwischen Jagdtrieb und Nahrungsaufnahme. In der Falknersprache würde dieses Verhältnis „Kondition" genannt.

Am Endes seines Vortrages ging Michael Gallasch auf die Haltungsbedingungen der Greifvögel, deren Ausbildung (Einjagen), die verschiedenen Jagdarten und die Ausrüstung von Falkner und Beizvogel wie z.B. Geschürre ein.

Nach diesem ersten Teil ging es gemeinsam in die benachbarte Pizzeria wo eifrig über das soeben gehörte diskutiert wurde.

Nach dem Essen gingen wir gemeinsam mit Matthias Roscher in sein angrenzendes Revier in welchem er uns seine Vorstellungen von Brauchtum kund tat (siehe Teil 2).

Text mit Zitaten aus dem Skript von Michael Gallasch und Fotos:  Hans-Ulrich Endreß